Kunst boomt trotz Corona

    Die Schweiz gehört zu den führenden Kunstmarktnationen. Auch die Pandemie machte den Schweizer Auktionshäusern keinen Strich durch die Rechnung – die Umsätze bleiben stabil und im Hochpreissegment gab es sogar Rekordergebnisse. Die Branche ist stark reguliert und kämpft mit einer wegbleibenden Kundschaft im mittleren Segment.

    (Bild: zVg) Kunst wird im Hochpreissektor bevorzugt vor Ort gekauft: Die Atmosphäre einer live durchgeführten Auktion – hier in der Galerie Kornfeld Auktionen in Bern – ist einzigartig und ersetzt eine Online-Auktion nie.

    Die Schweiz ist bezüglich Handels mit Kunst- und Kulturgut international bestens positioniert, sie liegt auf dem weltweit fünften Platz. «Diese wichtige Position verdanken wir der allgemeinen Rechtssicherheit, einer guten Zahlungsmoral und den im internationalen Vergleich eher tiefen Kommissionen, was das Kaufen und Verkaufen natürlich attraktiv macht. Dass die Schweiz zu den reichsten Ländern der Welt gehört, zeigt sich schliesslich auch am Konsumverhalten», erklärt Bernhard Bischoff, Präsident des Verbandes schweizerischer Auktionatoren von Kunst- und Kulturgut. Er kennt die Branche bestens, ist er doch Partner und Auktionator im ältesten und umsatzstärksten Kunstauktionshaus der Schweiz – der Galerie Kornfeld Auktionen in Bern. Zudem weist die Schweiz die grösste Museumsdichte der Welt auf und beherbergt die wichtigen Kunstsammlungen. «Unser Markt ist absolut transparent und global und verfügt über ausgezeichnete Rahmenbedingungen. Daher ist unsere Kundschaft international geprägt.» Ein gutes Renommee geniessen dementsprechend auch die Schweizer Auktionshäuser: Sie gelten als verlässlich, nahe an den Kunden – und sind meistens auch durch die Inhaber geführt. «So unterscheiden wir uns von den internationalen Kunstkonzernen. Wir pflegen die Nähe zu den Kundinnen und Kunden viel persönlicher und zum Teil über Generationen hinweg», sagt Bischoff, der auch das Co-Präsidium des Verbandes Kunstmarkt Schweiz innehat.

    Der Handel mit Kunst- und Kulturgut ist international und sehr breit gefächert – und gliedert sich von Kleinstbetrieben bis hin zu Betrieben mit einem Umsatz von mehreren Milliarden Dollar. Im Hochpreissegment ist der Markt stabil. «Es fällt aber auf, dass es Möbel und «normale» Einrichtungsgegenstände immer schwerer haben im Markt. Die heutige Generation möchte eher karg leben – daher bleiben die barocken Interieurs immer mehr unverkauft», so Bischoff. Auktionen sind immer noch der effizienteste und transparenteste Weg, um Kunst- und Kulturgüter auf den Markt zu bringen. Die international angebotenen Güter können so breit beworben und einem breiten Publikum vorgestellt werden.

    Jüngere Kundschaft setzt gerne auf online
    Das Auktionswesen hat auch in den Corona-Jahren 2020/2021 gut funktioniert. Die Umsätze sind stabil. Dazu Bischoff: «Das hat sicherlich damit zu tun, dass Auktionshäuser international agieren, und Kundinnen und Kunden schon früher über viele verschiedene Kanäle gewonnen wurden. Auktionen können ohne Publikum stattfinden – man kann auch schriftlich, telefonisch oder per Internet mitbieten.» Hingegen litten Galerien, Kunsthandlungen und Antiquariate stark unter den verordneten Geschäftsschliessungen, da sie vor allem vom persönlichen Kontakt und dem Austausch in Ausstellungen leben. Allerdings hat die Pandemie auch in dieser Branche einen Digitalisierungsschub ausgelöst. «Wegen der Einschränkungen im internationalen Reiseverkehr konnten viele Kundinnen und Kunden nicht persönlich an die Auktionen kommen – reine Online-Auktionen oder die Möglichkeit einer Auktionsteilnahme übers Internet waren daher unumgänglich.»

    (Bild: pixabay) Möbel und «normale» Einrichtungsgegenstände haben es immer schwerer im Markt.

    Online ist in dieser Branche allerdings zu differenzieren. So gab es hohe Zuschläge im sogenannten «Live-Internet-Bidding». Dabei hat der Käufer die Möglichkeit, an einer live stattfindenden Auktion, ohne anwesend zu sein, per Mausklick mitzubieten. Die «Online Only» Auktionen hingegen sind Auktionen, die nur online stattfinden. «Hier gibt es die Zuschläge eher im tieferen und maximal mittleren Segment», weiss Bischoff. Und der Kunstexperte präzisiert: «Online-Verkäufe gehören in unserem täglichen Leben schon lange zum Alltag» Und er verweist auf Ebay und Ricardo, die schon viele Jahre den reinen Online-Ansatz verfolgen. «Gerade die jüngere Kundschaft ist sehr technikaffin und nutzt die Möglichkeit, online einzukaufen; und diese Kundschaft möchten auch wir für die Zukunft gewinnen.» Leider werden auf den oben angesprochenen, bekannten Plattformen immer wieder Fälschungen zum Verkauf angeboten. «Bei Auktionshäusern, die in unserem Verband zusammengeschlossen sind, darf man sich auf die Angaben verlassen: Was in den Katalogen beschrieben wird, wurde von Expertinnen und Experten geprüft und entspricht dem aktuellen Wissenstand», betont Bischoff. Dennoch möchten Kundinnen und Kunden gerade bei hochpreisigen Objekten mehr wissen und näher daran sein. «Die unvergleichbare Atmosphäre einer live durchgeführten Auktion werden reine Online-Auktionen nie ersetzen können», ist Bischoff überzeugt.

    Übrigens – die Galerie Kornfeld hat im Jahr 2020 das höchste Ergebnis einer Einzelauktion im ganzen DACH-Raum erzielt, also auch höher als die deutschen Häuser. «Die Leute sind gerade in Zeiten von Negativzinsen und guter Börsenentwicklung bereit, viel Geld für Kunst- und Kulturgut auszugeben. Oftmals gelten Objekte auch als Wertanlage», freut sich Bischoff.

    Stark regulierte Branche
    Der Verband ist politisch an verschiedenen Fronten aktiv wie beispielsweise bei den sich ständig ändernden Zoll- und Mehrwertsteuervorschriften oder unnötigen und vor allem nicht zielführenden Vorstössen, wie etwa dem Folgerecht. Der Kunsthandel gilt zudem völlig zu Unrecht als Risikobranche. «Wir versuchen zu vermitteln, dass man genau hinschauen muss. Die offiziellen Kunsthandlungen stehen mit einem der strengsten Kulturschutzgesetze der Welt unter dauernder Beobachtung.» Private hingegen können sich im Graubereich der Gesetzgebung bewegen – dies führt oftmals zu Unrecht zu einer Vorverurteilung einer ganzen Branche. So wirken sich etwa Zollvergehen Privater auf unsere Arbeit aus – obwohl wir alles nachweislich korrekt machen», konkretisiert Bischoff. Eine Herausforderung sieht er auch in der demographischen Entwicklung, die den Mittelstand kleiner werden lässt. «Damit entfällt eine grosse Gruppe potenzieller Kundinnen und Kunden für Objekte im tieferen und mittleren Preissegment.» Er hofft, dass die Menschen Kunst- und Kulturgut in Zukunft als integralen Teil unserer Gesellschaft ansehen werden, und auch künftige Generationen die Sammelleidenschaften pflegen werden.

    Corinne Remund


    DAS MACHT DER AUKTIONATORENVERBAND

    Der Verband schweizerischer Auktionatoren von Kunst- und Kulturgut vereinigt unter einem Dach die führenden Schweizer Auktionshäuser. Er wurde gegründet mit dem Ziel, gemeinsam die Anliegen der Branche besser verfolgen zu können. Er ist zudem auch eine Art «Gütesiegel», um sich innerhalb der grösseren Branche abgrenzen zu können. Er ist einer der vier Trägervereine im Dachverband des Schweizer Kunsthandels (Verband Kunstmarkt Schweiz), der alle Facetten des Kunsthandels (also auch Galerien und Antiquariate) mit einer professionellen Geschäftsstelle abdeckt und betreut. Der Verband dient aber auch dem informellen Austausch und ist bestens mit anderen Vereinen, Organisationen und Institutionen vernetzt. Ebenso engagiert er sich auf politischer Ebene. Die 17 Mitglieder setzen sich zusammen aus sogenannten «Allrounder-Auktionshäuser» mit einem breitgefächerten Angebot wie auch aus Spezialauktionshäuser, die ausschliesslich Kunst, Auktionen, Münzen oder Antiken anbieten. Der gesamte Kunstmarkt im engeren Sinne macht in der Schweiz in einem «normalen» Jahr rund 7000 Millionen Franken Umsatz. Davon entfallen 250 bis 300 Millionen Franken auf die Auktionshäuser.

    CR

    www.auktionatoren.ch

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