«Falling Down»

    Auch wenn die Hitzewellen bisher 2021 ausblieben – «Hitzestress» ist und bleibt ein Thema

    Im Sommer immer wieder ein Thema: Hitze, Staus und Parkplatzsuche – eine explosive Mischung für Leute mit dünnem Nervenkostüm. Studien belegen, dass besonders im Sommer sich durch Parkplatzmangel und Staus Aggressionen entladen können.

    (Bild: PEXELS) Hitzestress wird oft unterschätzt: Streit um Parkplätze stufen einige Forscherinnen und Forscher als eine Situation ein für hohes Frustpotenzial.

    In Basel gibt es wiederholt Streit um Parkplätze. Jeden Sommer artet irgendwo in Basel eine dieser (oftmals nur verbalen) Auseinandersetzungen aus – letztes Jahr mündete eine sogar in eine wüste Massenschlägerei mit schweren Körperverletzungen. Für alle, die ihr Nervenkostüm als nicht besonders dick betrachten, hier eine Warnung: Es wird wohl nicht besser, denn in Basel-Stadt werden seit Jahren weiter munter Parkplätze den Umgestaltungen der Strassen geopfert.

    Szenenwechsel: An einem heissen Sommertag sind alle Strassen der Stadt verstopft, als der ansonsten unauffällige Angestellte William Foster aus Frust seinen Wagen mitten auf der Autobahn stehen lässt und geht. Bald platzt ihm der Kragen und er beginnt, seinen ehelichen wie beruflichen Frust abzureagieren. So beginnt der bekannte sozialkritische Film «Falling Down» von Joel Schumacher mit Michael Douglas in der Hauptrolle. Dieser Film zeigt auf, wie Hitzestress als «Aggressionstreiber» wirkt.

    «Aggressionstreiber»: Hitze, Feierabend, Stau und Parkplatzmangel
    Hitze, Feierabend, Stau und vor allem Parkplatzmangel bringen die Aggression auf Touren: knapp überholen, eng aufschliessen, Weg abschneiden oder den Parkplatz wegschnappen kommen im Sommer besonders häufig vor. Die Sache mit den Parkplätzen stufen viele Forscherinnen und Forscher als jene Aktion mit dem wohl grössten Frustpotenzial. Der Grund: In diesen Situationen der in der Regel zwischen den Protagonisten kein Austausch statt und so haben die Opfer das Gefühl, die Tat sei absichtlich passiert und sei persönlich gemeint.

    Studie: Basel hat tiefes Aggressionspotenzial im Strassenverkehr
    Und dennoch: Basel ist gemäss einer Studie aus dem Jahre 2018 des grössten deutschen Autoteile-Händlers «kfzteile24» weltweit an dritter Stelle, wenn es um das tiefste Aggressionspotenzial im Strassenverkehr geht. Die Studienautoren befragten in jeder Stadt 1000 Autofahrer, ob sie in den letzten zwölf Monaten Aggressionen erlebt hatten. Noch weniger aggressiv sind die Autofahrer nur in Helsinki und Bordeaux. Mag sein, dass diese Resultate unter anderem auch auf die Befragten und deren Sozialisation zurück zu führen ist. Gestiegen ist das Frustpotenzial aufgrund der in den letzten Jahren umgesetzten Verkehrsmassnahmen im Vergleich zu früher wohl dennoch.

    Apropos Frustpotenzial: Der Freiburger Strafrechtsprofessor Marcel Niggli sagte in einem NZZ Interview, dass Autofahrer generell unrealistisch mit ihrer Autofahrtzeit umgehen. Jede weitere Verzögerung durch Staus oder Langsamfahrer und dazu auch noch eine nervige Parkplatzsuche verärgert sie, da bereits die Fahrt an sich nicht im Zeitbudget vorgesehen sei. Auto fahren, im Stau stehen und Parkplatzsuche werden nicht als eigenständige, zeitintensive Tätigkeit akzeptiert, sondern bloss als unliebsame Unterbrechung zweier wichtigerer Handlungen wahrgenommen.

    Weitere Parkplätze verschwinden: Basler brauchen dickes Nervenkostüm
    Für alle, die nun bereits mit einem engen Nervenkostüm in Sachen Parkplatzsuche ausgestattet sind, brechen keine besseren Zeiten an. Es sei denn, man ist im Besitze einer Garage, eines Privatparkplatzes oder hat einen für teures Geld gemietet: Die Meldungen von «geopferten Parkzonen/Parkplätzen» in Basel-Stadt reissen seit Jahren nicht ab. Im Gegenzug werde die Sicherheit deutlich erhöht und der Verkehr fliesse besser, heisst es mitunter vom zuständigen Planungsamt Basel-Stadt. Es entstünden oftmals neue Tramhaltestellen, wo man auch mit einem Kinderwagen angenehm einsteigen könne. Die Sicherheit der verschiedenen Verkehrsteilnehmer sei jeweils ein wichtiger Faktor gewesen.

    Im «Traffic Index» und bei Zufriedenheitsstudien weit vorne
    Das ruft in der Regel natürlich jene auf den Plan, die Basel-Stadt als eine der unfreundlichsten Städte für Automobilistinnen und Automobilisten erachten. Gefühlt mag dies sogar so sein, denn in den letzten Jahren wurde vieles umgesetzt, was den automobilisierten Alltag in der Stadt erschwert. Tatsache ist jedoch, dass ausgerechnet das lange rot-grün dominierte Basel ein für die Autofahrer angenehmes Pflaster ist, wie die schon erwähnte Studie (2018) von «kfzteile24» ausweist. Darin wurden die weltweit 100 Städte mit der grössten Anzahl vergleichbarer Verkehrsdaten untersucht. Basel erreichte den fünften Rang. Nur Düsseldorf, Dubai, Zürich und Tokio schnitten besser ab. Die Kriterien: Treibstoffkosten bei den lokalen Tankstellen, Anzahl Verletzte im Strassenverkehr und die Strassenqualität, das Verkehrsaufkommen sowie Verzögerungen durch Stau und stockender Verkehr. Die Studienautoren berufen sich dabei auf den «Traffic Index» des Navigationssystemherstellers TomTom.

    In der Schweiz klassiert sich Basel unter den grösseren Städten beim Thema Stau auf Rang 2 (2018). Einzig in der Stadt Bern gibt es noch weniger Stau als in Basel. Ausgewertet wurde, wie viel Zeit man zusätzlich im Auto einplanen muss. Morgens sind es 34 Prozent mehr Zeit, abends 71 Prozent. Zusammengerechnet steht man im Grossraum Basel-Stadt pro Tag 32 Minuten im Stau, also 123 Stunden pro Jahr, was 15 Arbeitstagen entspricht. Erstaunlich: Auf Hauptstrassen (33 Prozent) steht man in der Region länger im Stau, als auf der Autobahn (20 Prozent).

    JoW/div. Quellen

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